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Hier einige Hinweise zu dem, was sich im Steuerrecht und anderen Bereichen so tut

 

 

Checkliste für die Kassenführung mittels offener Ladenkasse ab 2022

(Stand: Februar 2022)

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

 

 

 

 

I.     Nutzung einer offenen Ladenkasse

II.    Aufzeichnungspflichten bei Bilanzierung

III.   Aufzeichnungspflichten bei Einnahmen-Überschussrechnung

IV.  Auf MS-Excel basierende Kassenbücher und Kassenberichte

 

 

 

V.      Nutzung von elektronischen Kassenbüchern

VI.     Verfahrensdokumentation

VII.   Typische Mängel in der betrieblichen Praxis

VIII.  Musterkassenbericht (retrograder Aufbau) mit Ausfüllbeispiel

IX.    Checkliste zur offenen Ladenkasse

 

 

 

 

 

 
 

 

I.   Nutzung einer offenen Ladenkasse

1.    Definition

Als offene Ladenkasse gelten eine summarische, retrograde Ermittlung der Tageseinnahmen sowie manuelle Einzelaufzeichnungen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel. [1]

Wer in der Praxis noch eine alte mechanische Registrierkasse nutzt, führt die Kasse ebenfalls mittels offener Ladenkasse.

Hinweis: Zur Aufbewahrung des Bargeldes können sämtliche Behältnisse genutzt werden, z. B. Schubladen in der Ladentheke, herkömmliche Geldkassetten oder sonstige Aufbewahrungsutensilien wie Kartons oder Schachteln.

2.    Anforderungen

Auch bei der Kassenführung mittels offener Ladenkasse ist zu beachten, dass die (Kassen-)Aufzeichnungen und Buchungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Sämtliche Kasseneinnahmen und Kassenausgaben müssen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Das Sammeln und spätere Aufzeichnen sind unzulässig.

Da kein technisches Hilfsmittel genutzt werden darf, müssen die Einzelaufzeichnungen per Hand erfolgen.

Die Kassenaufzeichnungen dürfen keinesfalls am Ende der Woche oder des Monats, z. B. von den Mitarbeitern des Steuerberaters im Rahmen der Buchführungsarbeiten, erstellt werden.

Ein sachverständiger Dritter wie die Prüferinnen und Prüfer der Finanzverwaltung muss jederzeit z. B. im Rahmen einer Kassen-Nachschau in der Lage sein, den Sollbestand laut den (Kassen-)Aufzeichnungen – also nach dem Kassenbuch oder den Kassenberichten – mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (Prüfung der Kassensturzfähigkeit).

Ausnahmsweise können Eintragungen im Kassenbericht noch am nächsten Geschäftstag vorgenommen werden, wenn zwingende geschäftliche Gründe einer Buchung am gleichen Tag entgegenstehen und aus den Buchungsunterlagen, z. B. Zwischenaufzeichnungen, sicher entnommen werden kann, wie sich der sollmäßige Kassenbestand seit dem Beginn des vorangegangenen Geschäftstages entwickelt hat.

Hinweis: Die Finanzbehörden führen regelmäßig Kassen-Nachschauen durch, die vorher nicht angekündigt werden. Deshalb sollten Sie sich angewöhnen, täglich die Kasse zu führen!

3.    Vor- und Nachteile

Es gilt für den Unternehmer genau abzuwägen, ob er wirklich eine offene Ladenkasse führt. Den Vorteilen wie geringe Anschaffungskosten, hohe Mobilität ohne dauerhaften Stromanschluss und die grundsätzlich einfache Einnahmenermittlung stehen in der Praxis doch teilweise gravierende Nachteile gegenüber.

Ohne elektronische Aufzeichnungssysteme können etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlecht kontrolliert werden. Betriebswirtschaftlich sinnvolle Auswertungen lassen sich kaum nachvollziehbar und erst recht nicht auf Knopfdruck mittels Standardreports erstellen, z. B. Renner- und Pennerlisten, Stundenaufzeichnungen oder Artikelübersichten.

Hinweis: Aus Sicht der Finanzverwaltung birgt die Kassenführung mittels offener Ladenkasse ein hohes Manipulationsrisiko: Das führt dazu, dass es zu verstärkten und häufigen Kassen-Nachschauen kommen kann.

4.  Nebeneinander von offener Ladenkasse und elektronischem Aufzeichnungssystem

Aus Sicht der Finanzverwaltung sollten Unternehmer, die in ihrem Unternehmen ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwenden, dieses grundsätzlich zur Aufzeichnung sämtlicher Geschäftsvorfälle nutzen. Nur bei räumlicher und organisatorischer Trennung ist in Ausnahmefällen zusätzlich das Führen einer offenen Ladenkasse möglich.[2]

Beispiel In einem Eiscafé wird der Im-Haus-Verkauf über ein elektronisches Aufzeichnungssystem erfasst. Die Eis-Theke für den Außer-Haus-Verkauf ist räumlich integriert.

Lösung Der Außer-Haus-Verkauf muss aus Sicht der Finanzverwaltung über das gleiche elektronische Aufzeichnungssystem erfasst werden wie der Im-Haus-Verkauf.

Abwandlung Der Außer-Haus-Verkauf erfolgt über einen mobilen Verkaufswagen außerhalb des Geschäfts. In diesem Fall können die Außer-Haus-Verkäufe mittels Kassenführung in Form der offenen Ladenkasse aufgezeichnet werden.

II.   Aufzeichnungspflichten bei Bilanzierung

1.    Einzelaufzeichnungspflicht

Bilanzierende mit Bargeschäften und Einzelaufzeichnungspflicht sind verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen. In diesem sind die Geschäftsvorfälle einzeln handschriftlich festzuhalten. Die Aufzeichnungsbelege (= Rechnungen) sind fortlaufend zu nummerieren (vgl. zu den Anforderungen einer Rechnung § 14 Abs. 4 UStG). Die Nummerierung kann handschriftlich oder mittels Paginierstempel aufgetragen werden. Auch die Nutzung von Quittungsbelegen mit vorgedruckten Nummern ist zulässig.

Hinweis: Zu beachten ist auch die getrennte Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen mit unterschiedlichen Steuersätzen (7%, 19%, § 63 Abs. 4 UStDV).

Werden im Kassenbuch oder im Kassenbericht nur Summen eingetragen, müssen sich diese nachvollziehen lassen, z. B. durch fortlaufend nummerierte Quittungen der einzelnen Geschäftsvorfälle.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH müssen diese Kassen(buch)aufzeichnungen so beschaffen sein, dass ein jederzeitiger Kassensturz (vgl. Abschnitt I.2) möglich ist.

Hinweis: Bei Beträgen über 10.000 € sind die besonderen Aufzeichnungspflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) zu erfüllen, die auch bei der Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht zu beachten sind (vgl. folgenden Abschnitt 2).

2.    Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht

Verkaufen Sie als Unternehmer bzw. Unternehmerin Waren (dazu gehören auch Vorräte und selbst hergestellte Erzeugnisse) an eine Vielzahl unbekannter Personen gegen Barzahlung und ist es unzumutbar, Einzelaufzeichnungen zu führen, ist eine summarische Ermittlung der Einnahmen am Ende des Tages mittels retrograd aufgebautem Kassenbericht (siehe Muster in Abb. 4) verpflichtend.

Die Zumutbarkeit muss nicht gesondert geprüft werden,[3] wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung vorliegen:

     Verkauf von Waren

     an eine Vielzahl unbekannter Personen

     gegen Barzahlung.

Die vorgenannten aneinander gereihten, fortlaufend nummerierten Kassenberichte stellen dann auch das Kassenbuch dar.

Der für die tägliche Bestandsaufnahme notwendige Kassenbericht kann auch nicht durch ein Kassenbuch ersetzt werden, wenn in diesem in einer gesonderten Spalte Bestände ausgewiesen werden, weil das Kassenbuch nicht die rechnerische Ermittlung der Tageseinnahmen dokumentiert, sondern lediglich die rechnerische Entwicklung der Kassenbestände.

Die Berechnung der Tageseinnahmen bei Nutzung retrograd aufgebauter Kassenberichte sieht wie folgt aus:

 

Gezählter Kassenbestand bei Geschäftsschluss

(tatsächlich ausgezählter Betrag)
Hinweis: Es empfiehlt sich ein Zählprotokoll
(vgl. Abschnitt II.4).

 

+

Barausgaben

(Wareneinkäufe, Nebenkosten, sonstige Betriebsausgaben)

 

+

Private Barentnahmen

(durch Eigenbeleg nachgewiesen)

 

+

Sonstige Ausgaben

(Geldtransit)

 

-

Kassenbestand Vortag

 

=

Kasseneingang

 

-

Bareinlagen

(durch Eigenbeleg nachgewiesen)

 

-

Sonstige Einnahmen

(Geldtransit)

 

=

Tageslosung

 

Abb. 1: Berechnung der Tageseinnahmen

Bei Anwendung der Kassenführung mittels offener Ladenkasse müssen Sie somit grundsätzlich täglich zum Geschäftsschluss den Inhalt der Kasse exakt zählen. Dies umfasst sowohl Geldscheine als auch Münzgeld. Das bedeutet: Auch 1-, 2- und 5-Cent-Münzen sowie der Wechselgeldbestand müssen gezählt werden.

Hinweis: Werden Bareinnahmen in einer offenen Ladenkasse erfasst, erfordert dies einen täglichen Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden ist. [4]

Im Kassenbuch bzw. Kassenbericht dürfen nur Bareinnahmen und Barausgaben aufgezeichnet werden. Somit ist eine zusätzliche Dokumentation von unbaren Zahlungsarten („EC“-, Kredit- oder Debitkarten) zwingend erforderlich.

Auch Zahlungen mittels Schecks oder Fremdwährungen müssen gesondert aufgezeichnet werden.

3.    Anwendung der Ausnahmeregelung bei Dienstleistungen

Die Ausnahmeregel von der Einzelaufzeichnungspflicht (vgl. Abschnitt II.2) gilt laut BMF-Schreiben vom 19.6.2018 [5] auch für auch für dienstleistende Unternehmer und Unternehmerinnen, z. B. Kirmesfahrgeschäfte, Toilettenwagen etc. Einzelaufzeichnungen sind von Dienstleistern jedoch dann zu führen, wenn

     der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und

     der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuell Einfluss nehmen kann und

     sie tatsächlich keine Einzelaufzeichnungen führen.[6]

 

Beispiele Friseur, Kosmetikerin, Physiotherapeut, Arzt. (vgl. auch Abschnitt III).

Hinweis: Die Ausnahme von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt bei Dienstleistungen nur bei kurzem oder keinem Kundenkontakt.

4.    Zählprotokolle

Zählprotokolle müssen nicht zwingend geführt werden, erleichtern jedoch den Nachweis des tatsächlichen Auszählens. Wird tatsächlich ein Zählprotokoll geführt, sollte dieses von der Person oder den Personen unterschrieben werden, die auch das Geld gezählt haben.

Musterzählprotokoll:

Zählprotokoll

Datum:

 

als Anlage zum Kassenbericht Nr.

 

 

 

 

 

Scheine

Anzahl

Gesamtwert in Euro

500,00 €

 

 

200,00 €

 

 

100,00 €

 

 

50,00 €

 

 

20,00 €

 

 

10,00 €

 

 

5,00 €

 

 

Summe I:

 

 

Münzen

Anzahl

Gesamtwert in Euro

2,00 €

 

 

1,00 €

 

 

0,50 €

 

 

0,20 €

 

 

0,10 €

 

 

0,05 €

 

 

0,02 €

 

 

0,01 €

 

 

Summe II:

 

 

Gesamtsumme: (I und II)

 

 

Unterschrift

 

 

         

Abb. 2: Musterzählprotokoll

5.    „Falscher“ Kassenbericht

Verwenden Sie einen progressiv aufgebauten Kassenbericht – wie den nachfolgend dargestellten –, liegt fiskalisch gesehen ein formeller Mangel von untergeordneter Bedeutung vor, der für sich allein aber noch nicht zu einer Verwerfung der Buchführung und einer Hinzuschätzungsbefugnis dem Grunde nach führen kann:

Kassenbericht vom: ________________

Nr.: ____________

Kassenbestand am Ende des Vortages:

 

zzgl. Einnahmen am heutigen Tag:

Verkäufe

Privateinlagen

sonstige Einnahmen/Einlagen

 

Summe:

 

abzüglich Ausgaben am heutigen Tag:

Wareneinkäufe

Kosten

Sonstiges wie Privatentnahmen, Bankeinzahlungen

 

Bestand bei Geschäftsschluss:

 

Unterschrift

______________

Abb. 3: Progressiver Kassenbericht (Verwendung möglich, aber nicht empfohlen)

Hinweis: Bei den progressiv aufgebauten Kassenberichten besteht die Gefahr, dass die bereits um die Ausgaben gekürzten Einnahmen eingetragen werden und somit die Bareinnahmen (= Tageslosung) unzutreffend dargestellt werden. Der Kassenbestand bei Geschäftsschluss stellt sich als rechnerisches Ergebnis und nicht als ausgezählter Bestand dar.

III.  Aufzeichnungspflichten bei Einnahmen-Überschussrechnung

Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht keine gesetzliche Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs.

Aber: Die Höhe der baren und unbaren Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ist durch geordnete und vollständige Belege nachzuweisen.

Hinweis: Der Grundsatz der Einzelaufzeichnung gilt auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung.

Berufen Sie sich auf die Unzumutbarkeit der Einzelaufzeichnung (siehe auch Abschnitt II.2), müssen Sie die Einnahmen nachvollziehbar dokumentieren und die Dokumentation muss vollständig überprüfbar sein.

Unschlüssige, widersprüchliche oder lückenhafte Aufzeichnungen führen zu einer Schätzungsbefugnis (dem Grunde nach) der Finanzbehörde.

In der Praxis wird das dazu führen, dass Sie auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung retrograd aufgebaute Tageskassenberichte (siehe Muster in Abb. 4) nutzen müssen.

IV. Auf MS-Excel basierende Kassenbücher und Kassenberichte

In der Praxis werden Aufzeichnungen zu offenen Ladenkassen, also die Kassenberichte oder das Kassenbuch, vielfach mithilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen wie z. B. Microsoft-Excel erstellt.

Solche Kassenberichte entsprechen nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kassenführung. Sie verstoßen gegen den Grundsatz der Unveränderbarkeit. Der Grund: Es kann keine Festschreibung der Daten erfolgen, d. h. die Inhalte dieser Kassenberichte und -bücher können jederzeit geändert werden, ohne dass diese Änderungen im Einzelnen nachvollzogen werden können.

Beispiel Der Unternehmer führt sein Kassenbuch mithilfe des Tabellenkalkulationsprogramms „Excel“ der Firma Microsoft®. Durch Anzeigen des Änderungsdatums der Datei über „Ansicht/Details“ lässt sich feststellen, wann die Datei das letzte Mal geändert wurde. Welche inhaltlichen Änderungen aber im Detail vorgenommen wurden, lässt sich nachträglich nicht mehr feststellen, da keine Festschreibung der Daten erfolgen kann.

Das FG Münster[7] sieht jedoch in der Verwendung eines Excel-Dokumentes für einen täglich durchgeführten Kassensturz keinen Grund, dass Steuerpflichtige ihre Kasseneinnahmen und Kassenausgaben nicht entsprechend einer ordnungsmäßigen Buchführung täglich festgehalten haben. Das Gericht sieht in diesen Fällen keinen Verstoß gegen § 146 Abs. 1 Satz 2 AO oder § 146 Abs. 4 AO (= Grundsatz der Unveränderbarkeit).

V.  Nutzung von elektronischen Kassenbüchern

Vielfach nutzen Unternehmerinnen und Unternehmer im Rahmen der Kassenführung mittels offener Ladenkasse auch elektronische Kassenbücher, z. B. von DATEV oder Lexware. Diese dürfen Sie ausschließlich nur nutzen, um die Tages- oder Abschluss-Werte zu dokumentieren (Bargeldbestand, bare (Tages-)Betriebseinnahmen, bare (Tages-)Betriebsausgaben, bare (Tages-)Entnahmen und bare (Tages-)Einlagen).

Dienen diese elektronischen Kassenbücher auch der elektronischen Aufzeichnung zwecks Dokumentation von Warenverkäufen und erbrachten Dienstleistungen und deren Abrechnung, so hat dieses elektronische Kassenbuch Kassenfunktion und fällt somit in den Anwendungsbereich des § 146a AO. Denn dann ist es ein elektronisches Aufzeichnungssystem und muss mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgerüstet werden.[8]

VI. Verfahrensdokumentation

Auch bei der Kassenführung mittels offener Ladenkasse sollte – wie bei Nutzung von elektronischen Aufzeichnungssystemen zur Kassenführung – eine Verfahrensdokumentation erstellt werden. In dieser sollte genau beschrieben sein, wie Sie die Kasse in der Praxis führen. Diese sollte mindestens folgende Informationen enthalten:

        Wie wird jeder einzelne Geschäftsvorfall erfasst und dokumentiert?

        Wer ist berechtigt, die Geschäftsvorfälle im Kassenbuch oder Kassenbericht oder auf anderen Einzelnachweisen zu erfassen und zu dokumentieren?

        Wie wird kontrolliert, dass jeder Geschäftsvorfall erfasst wurde (Internes Kontrollsystem)? Überprüfung der Vollständigkeit anhand von eindeutigen, fortlaufenden Nummernkreisen.

        Wer nimmt abends den Tagesabschluss vor (inkl. Beschreibung des Ablaufs)?

        Wie werden Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, Privatentnahmen, Privateinlagen, Bankeinzahlungen, etc. erfasst und nachgewiesen, z. B. Eigenbelege für Privatentnahmen und Privateinlagen?

Hinweis: Eine Musterverfahrensdokumentation zur ordnungsmäßigen Kassenführung finden Sie beim Deutschen Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e. V. (DFKA) unter www.dfka.net.

VII. Typische Mängel in der betrieblichen Praxis

Im Rahmen von Betriebsprüfungen und Kassen-Nachschauen der Finanzbehörden werden in der Praxis häufig die folgenden Mängel vorgefunden, die vermieden werden sollten:

        retrograd aufgebaute Kassenberichte, in denen die Kassenbestände nicht ausgewiesen werden;

        hohe rechnerische Kassenbestände zur Vermeidung von Kassenfehlbeträgen;

        keine Trennung von baren und unbaren Einnahmen;

        einheitliches Schriftbild, weil die Kassenberichte nachträglich erstellt wurden;

        glatte Eurobeträge, die darauf hindeuten, dass der Kassenbestand bei Geschäftsschluss nicht durch tatsächliche Auszählung ermittelt wurde;

        Privatentnahmen und Privateinlagen werden nicht laufend im Kassenbuch bzw. Kassenbericht eingetragen, sondern nur am Ende des Monats und dafür liegen keine (Eigen-)Belege vor;

        es werden erst gar keine Kassenberichte geführt;

        nicht zeitgerechte, d. h. tägliche Erstellung des Kassenberichts;

        tägliche Kassensturzfähigkeit ist nicht gegeben.

 

 

VIII. Musterkassenbericht (retrograder Aufbau) mit Ausfüllbeispiel

 

Kassenbericht

 

Datum:

 

(fortlaufende) Nr.

 

Kassenbestand bei Geschäftsschluss
(Hinweis: immer vollständig zählen;
nutzen Sie eine Geldzählmaschine oder ein Zählbrett)

 

 

 

Buchvermerk

 

       

 

Ausgaben im Laufe des Tages

Vorsteuer

Netto-

 

 

 

%

Betrag

Betrag

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Wareneinkäufe und Warennebenkosten

       

 

2. Geschäftsausgaben

       

 

3. Privatentnahmen
(nachgewiesen durch Eigenbeleg)

       

 

4. Sonstige Ausgaben
(z. B. Bareinzahlung bei der Bank)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Summe

 

 

abzüglich Kassenbestand des Vortages

 

 

 

= Kasseneingang

 

 

 

 

 

abzüglich sonstige Einnahmen

 

 

 

 

 

abzüglich Privateinlagen
(nachgewiesen durch Eigenbeleg)

 

 

 

 

 

= Bareinnahmen (Tageslosung)

 

 

 

 

 

_______________________________

                 Unterschrift
(Hinweis: Empfehlenswert sind die Unterschriften
von zwei Personen nach dem Vier-Augen-
Prinzip)

 

 

 

 

 

Abb. 4: Retrograd aufgebauter Kassenbericht

Hinweis: Kassenberichte sollten in der Praxis immer handschriftlich ausgefüllt werden.

 

 

Ausfüllbeispiel:

 

Kassenbericht

 

Datum:

1.6.2021

Nr.

156

Kassenbestand bei Geschäftsschluss
(laut Zählprotokoll)

 

 

2.185,30 € 

Buchvermerk

 

       

 

Ausgaben im Laufe des Tages

Vorsteuer

Netto-

 

 

 

%

Betrag

Betrag

 

 

1. Wareneinkäufe und Warennebenkosten

19

87,26 €

459,26 €

 

 

2. Geschäftsausgaben

 

 

 

 

 

3. Privatentnahmen
(nachgewiesen durch Eigenbeleg)

 

 

400,00 €

 

 

4. Sonstige Ausgaben
(z. B. Bareinzahlung bei der Bank)

 

 

 

 

 

 

 

87,26 €

859,26 €

946,52 €

 

 

 

 

Summe

3.131,82 €

 

abzüglich Kassenbestand des Vortages

 

1.352,14 €

 

= Kasseneingang

 

 

 

1.779,68 €

 

abzüglich sonstige Einnahmen

 

 

 

 

 

abzüglich Privateinlagen
(nachgewiesen durch Eigenbeleg)

 

 

150,00 €

150,00 €

 

= Bareinnahmen (Tageslosung)

1.629,68 €

 

Abb. 5: Musterkassenbericht – Ausfüllbeispiel

 

Kasse zu Beginn des 1.6.2021

1.352,14 €

+

Einlage Barmittel von Bank

150,00 €

-

Ausgaben

546,52 €

+

Einnahmen

1.629,68 €

-

Privatentnahme

400,00 €

 

rechnerischer Istbestand

2.185,30 €

 

tatsächlicher Istbestand

2.185,30 €

 

Differenz     

0,00 €

Abb. 6: Musterkassenbericht – Gegenprobe

 

IX. Checkliste zur offenen Ladenkasse

Die folgende Checkliste dient zur Vorbereitung auf eine unangemeldete Kassen-Nachschau. Auf diese Fragen sollten Sie eine Antwort haben:

1. Allgemeine Fragen zur Kassenführung

Form der offenen Ladenkasse

 

Schublade

p

 

Kellner-Portmonee

p

 

Mechanische Registrierkasse

p

 

Anderes: ____________________________

p

 

 

Ja

Nein

Welche Personen bedienen die offene Ladenkasse?

·         Inhaber/in

·         Mitarbeiter (bitte hier namentlich benennen):



p

p



p

p

Wer führt täglich den Kassenabschluss durch?

·         Inhaber/in

·         Mitarbeiter (bitte hier namentlich benennen):



p

p



p

p

Gibt es über die bei Ihnen praktizierte Art der Kassenführung eine aussagefähige Verfahrensdokumentation?

Hinweis: Sollten Sie noch nicht über eine Verfahrensdokumentation verfügen, hilft Ihnen ggf. die Musterverfahrensdokumentation zur ordnungsgemäßen Kassenführung unter www.dfka.net.


p


p

Ermitteln Sie täglich nach Geschäftsschluss den Kassenbestand und erstellen Sie dabei ein „Zählprotokoll“ mit Datum und Unterschrift/en?


p


p

Wer zählt täglich den Bargeldbestand?

·         Inhaber/in

·         Mitarbeiter (bitte hier namentlich benennen):



p

p



p

p

In welchen Zeitabschnitten wird die Kassensturzfähigkeit geprüft, d. h. wann werden „Kassen-Soll“ und „Kassen-Ist“ überprüft?

·         täglich

·         wöchentlich

·         monatlich

·         jährlich






p
p
p
p

 

Arbeiten Sie mit einem festen Wechselgeldbestand?

Wenn „ja“, dann bitte den Wechselgeldbestand hier eintragen:

p

p

Wie gehen Sie mit Kassenbestandsdifferenzen um?

Bitte hier kurz erläutern:

 

 

 

 

 

 

Wie werden unbare Geschäftsvorfälle („EC“-, Kreditkarte, Schecks, etc.) außerhalb des Kassenbuchs bzw. Kassenberichts gesondert dokumentiert?

 

 

 

Bitte beschreiben Sie hier kurz, wie diese gesonderten Aufzeichnungen aussehen:

 

 

 

Hinweis: Im Kassenbuch bzw. Kassenbericht dürfen nur die Bargeschäfte dokumentiert werden!

 

 

Gibt es Auffälligkeiten in den Kassenaufzeichnungen?

 

Beispiele:

·         Negativer Kassenbestand?

·         Auffällig hoher Kassenbestand?

·         Gibt es untertägige Kassenfehlbeträge?

 

Können eventuelle Unregelmäßigkeiten nachvollziehbar dargelegt werden?





p

p

p


p





p

p

p


p

 

 

 

2.  Weitere Fragen für zur Einzelaufzeichnung verpflichtete Bilanzierer

Hinweis: Die folgenden Fragen sind nur für diesen Personenkreis bestimmt! Bitte nur dort mit einem Kreuz bei „Ja“ antworten, wenn die entsprechende Frage auf Sie zutrifft.

 

Ja

Sie führen ein Kassenbuch, in dem Sie jeden einzelnen Geschäftsvorfall (Bareinnahmen, Barausgaben, Privatentnahmen und Privateinlagen) handschriftlich eintragen?



p

Sie führen ein Kassenbuch, in dem Sie nur die Summe der einzelnen Geschäftsvorfälle (Bareinnahmen und -ausgaben, Privatentnahmen und -einlagen) handschriftlich eintragen?

Sie können aber für die einzelnen Geschäftsvorfälle Einzelbelege (z. B. Quittungen) vorlegen?



p



p

Sie führen einen (retrograd aufgebauten) Kassenbericht, in dem Sie nur die Summe der einzelnen Geschäftsvorfälle (Bareinnahmen, Barausgaben, Privatentnahmen und Privateinlagen) handschriftlich eintragen?

Sie können aber für die einzelnen Geschäftsvorfälle Einzelbelege (z. B. Quittungen) vorlegen?


p





p

Wenn Sie zuvor mit „ja“ geantwortet haben, sind die Kassenberichte fortlaufend nummeriert und von Ihnen bzw. dem/der Mitarbeiter/in unterschrieben?


p

Die folgenden Fragen beziehen sich sowohl auf das von Ihnen geführte Kassenbuch als auch auf die von Ihnen geführten Kassenberichte:



p

Haben Sie Privatentnahmen und Privateinlagen täglich erfasst?

p

Können Sie die im Kassenbuch bzw. Kassenbericht eingetragenen Privatentnahmen und Privateinlagen durch einen „Eigenbeleg“ nachweisen?



p

Sind sämtliche baren Betriebsausgaben (auch Löhne) durch Belege nachgewiesen?

p

Sind sämtliche Bankeinzahlungen und Bankabhebungen durch Belege nachgewiesen?

p

Liegen Belege über den Bargeldtransit zwischen Hauptkasse(n) – Nebenkasse(n) und umgekehrt vor?


p

3.  Sonderfragen bei Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung

Falls Sie Bilanzierer, aber nicht zur Einzelaufzeichnung verpflichtet sind, da Sie Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkaufen und Ihnen die Einzelaufzeichnung nicht zugemutet werden kann, sollten sie auf die nachstehenden Fragen vorbereitet sein.

Die Ausnahme von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt nur bei Dienstleistungen mit kurzem oder keinem Kundenkontakt.

Hinweis: Die folgenden Fragen sind nur für diesen Personenkreis bestimmt! Bitte nur dort mit einem Kreuz bei „Ja“ antworten, wenn die entsprechende Frage auf Sie zutrifft.

 

Ja

Sie führen täglich einen (retrograd aufgebauten) Kassenbericht?

Vergleichen Sie Ihren Kassenbericht mit dem Musterkassenbericht (siehe Abschnitt VIII).


p

Diese Kassenberichte sind fortlaufend nummeriert und von Ihnen bzw. dem/der Mitarbeiter/in unterschrieben?


p

In den Kassenberichten werden die Tagesendbestände immer ausgewiesen?


p

Haben Sie Privatentnahmen und Privateinlagen täglich erfasst?


p

Können Sie die im Kassenbuch bzw. Kassenbericht eingetragenen Privatentnahmen und Privateinlagen durch einen „Eigenbeleg“ nachweisen?



p

Sind sämtliche baren Betriebsausgaben (auch Löhne) durch Belege (z. B. Rechnungen) nachgewiesen?


p

Sind sämtliche Bankeinzahlungen und Bankabhebungen, die anschließend in die Kasse eingelegt werden, durch Belege nachgewiesen?


p

Liegen Belege über den Bargeldtransit zwischen Hauptkasse(n) – Nebenkasse(n) und umgekehrt vor?


p

4.  Prüfungsschema für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO

Liegen die nachfolgend genannten Voraussetzungen vor, kann die Ausnahmeregelung nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO in Anspruch genommen werden.

4.1 Verkauf von Waren

 

Ja

Sie verkaufen Waren?

Hinweis: Der Begriff „Waren“ orientiert sich an der handelsrechtlichen Auslegung (siehe § 266 Abs. 2 B.I.1-3, § 275 Abs. 2 Nr. 5a HGB).

 

an eine Vielzahl unbekannter Personen?

 

gegen Barzahlung?

 

Sie verwenden kein elektronisches Aufzeichnungssystem?

 

Werden sämtliche vorgenannten Fragen mit „Ja“ beantwortet, liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung vor.

4.2 Erbringung von Dienstleistungen

 

Ja

Ihr Geschäftsbetrieb ist auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet?

 

Sie erbringen Dienstleistungen?

 

an eine Vielzahl unbekannter Personen?

 

gegen Barzahlung?

 

Ihr Kundenkontakt bzw. der Ihrer Angestellten ist auf die Bestellung und sofortige Bezahlung ausgerichtet?

 

Sie verwenden kein elektronisches Aufzeichnungssystem?

 

Werden sämtliche vorgenannten Fragen mit „Ja“ beantwortet, liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung vor.

 


[1] Siehe BMF, Schreiben v. 19.6.2018 - IV A 4 - S 0316/13/10005 :53, BStBl 2018 I S. 706 NWB KAAAG-87345.

[2] BMF, Schreiben v. 19.6.2018 - IV A 4 - S 0316/13/10005 :53, BStBl 2018 I S. 706 NWB KAAAG-87345.

[3] BMF, Schreiben v. 12.1.2022 - IV A 3 - S 0062/21/10007 :001 MAAAI-03044; siehe dazu auch Teutemacher, BMF: Keine gesonderte Prüfung der Zumutbarkeitsvoraussetzungen bei offener Ladenkasse, BBK kompakt 4/2022 S. 162.

[4] BFH, Urteil v. 20.3.2017 – X R 11/16, BStBl 2017 II S. 992
NWB NAAAG-54425.

[5] BMF, Schreiben v. 19.6.2018 - IV A 4 - S 0316/13/10005 :53, BStBl 2018 I S. 706 NWB KAAAG-87345.

[6] Vgl. AEAO zu § 146, Nr. 2.2.6.

[7] FG Münster, Urteil v. 29.4.2021 – 1 K 2214/17 E, G, U, F
NWB GAAAH-81043.

[8] BMF, FAQ zur Kassenführung, abrufbar unter https://go.nwb.de/stwka.

 

 

 

Mietvertrag mit Verwandten/Kindern

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

 

 

 

 

I.     Nahe Angehörige

II.    Anforderungen an Mietverträge

1.

2.

3.

 

III.    Praxishinweise zu Mietverträgen

1.

  1. Relevante Beispiele mit steuerlichen Regeln

 

 

 

 

 

 

 

 
 

Mietverträge unter nahen Angehörigen bieten die Möglichkeit, z. B. eigene Wohnungen günstiger als unter fremden Dritten an Verwandte zu vermieten, ohne dass die Ausgaben, die Sie für das Mietobjekt leisten, steuerlich verloren gehen. Dazu müssen Sie jedoch einige Formalien und steuerliche Regeln beachten. Verträge mit nahen Angehörigen werden vom Finanzamt häufig kritisch beleuchtet. Zum Teil werden diese Verträge aufgrund vermeidbarer Fehler bei der Durchführung, steuerlich nicht anerkannt und Ausgaben für das Mietobjekt können steuerlich dann nicht geltend gemacht werden.

Steuerrechtlich beanstandet werden z. B. solche Verträge, die unter Fremden in dieser Form nicht abgeschlossen und durchgeführt würden. Veranschaulichen möchten wir Ihnen dies durch folgendes Beispiel:

Beispiel: Ein Unternehmer mietet von seinem Vater für betriebliche Zwecke eine Halle an und zahlt dafür nur die Hälfte der ortsüblichen Miete. Dies würde ein fremder Vermieter nicht akzeptieren. Folge für den Vater: Er kann im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur 50 % der anfallenden Aufwendungen als Werbungskosten abziehen (vgl. auch Kapitel IV. 2.2).

Steuerzahlern steht es zwar grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse so zu gestalten, dass die Steuerbelastung möglichst gering ist. Allerdings prüft das Finanzamt, ob die Vertragsgestaltung einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt. Zudem gelten hierbei gesetzliche Bestimmungen, die bei Nichtbeachtung bereits so manche Gestaltung zu Fall gebracht haben:

 

Beispiele: In einem Fall vor dem Finanzgericht Münster vereinbarten Eltern mit ihrem Sohn, im Anschluss an einen Wohnungstausch, die Eigentumswohnungen wechselseitig zu vermieten. Wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe für diese Vereinbarung gab es nicht. Hierin sahen die Richter einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Das sieht der Bundesfinanzhof auch bei Verträgen über die Vermietung von neu hergestellten und durch Teilungsvereinbarung errichteten Wohnungen, wenn die Beteiligten (Eltern und zwei Töchter)  bereits im Zeitpunkt der Begründung des Sondereigentums die Absicht verfolgen, die vermieteten Wohnungen wechselseitig zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und keine wirtschaftlichen oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe die gewählte Gestaltung rechtfertigen.

 

Hinweis: Sprechen Sie uns vor der Abfassung von neuen Mietverträgen mit nahen Angehörigen gerne an. Darüber hinaus sollten auch bestehende Mietverträge regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob Änderungen durch die aktuelle Rechtsprechung oder aufgrund neuer Anweisungen der Finanzverwaltung erforderlich sind.

Erlässt der Vermieter der Wohnung aufgrund einer finanziellen coronabedingten Notsituation des Mieters die Mietzahlung zeitlich befristet ganz oder teilweise, führt dies grds. nicht zu einer Veränderung der vereinbarten Miete und hat dies folglich auch keine Auswirkungen auf die bisherige Beurteilung des Mietverhältnisses (Kap. III. 2.1 und 2.2.).

Die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterstellte Überschusserzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung kommt dann nicht zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige die vermietete Immobilie – nach Durchführung umfangreicher Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten – kurze Zeit nach tatsächlichem Mietbeginn unentgeltlich auf den Mieter (im Streitfall: Sohn des Vermieters) überträgt und nicht festgestellt werden kann, dass die Übertragung auf einem neu gefassten Entschluss beruhte. Wird dem Finanzamt die unentgeltliche Übertragung der Mietimmobilie erst später bei den Veranlagungsarbeiten der nachfolgenden Veranlagungszeiträume bekannt, können bereits bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheide der Vorjahre zulasten des Vermieters abgeändert werden. Das führt zwingend zu Steuernachzahlungen.

Im Zweifel prüft das Finanzamt auch, ob sich der Angehörige die vereinbarte Miete auch „leisten kann. Daher ist es auch gefährlich, wenn z. B. der Vermieter dem Angehörigen die Miete „zurückerstattet“.

I.    Nahe Angehörige

Nahe Angehörige sind insbesondere

  • Verlobte,
  • Ehepartner, eingetragene Lebenspartner,
  • Eltern und Großeltern,
  • Kinder und Enkel,
  • Geschwister,
  • Schwager/Schwägerin und Nichten/Neffen,
  • Pflegeeltern und Pflegekinder.

Auch wenn sich Eheleute scheiden lassen, bleiben sie „nahe Angehörige“. Bei Verlobten erlischt die Angehörigeneigenschaft hingegen, wenn das Verlöbnis aufgehoben wird.

Ein mit dem Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft abgeschlossener Mietvertrag über eine Wohnung wird vom Finanzamt nicht anerkannt, wenn die Wohnung von den Lebenspartnern gemeinsam
bewohnt wird. Das gilt auch für an den nichtehelichen Lebensgefährten vermietete Wohnräume im eigenen Einfamilienhaus.

Ein Mietverhältnis ist steuerlich auch nicht anzuerkennen, wenn zwischen Mieterin und Vermieter eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestand, bei der der in der Erdgeschosswohnung wohnende Vermieter die vermietete Dachgeschosswohnung mitbenutzte.

Wohnen die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam in einer im Eigentum eines Partners stehenden Wohnung und vermietet dieser Partner die Hälfte dieser Wohnung an den anderen Partner, so ist dieses Mietverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen.

II.   Anforderungen an Mietverträge

1.    Formale Pflichten

Verträge liegen dann vor, wenn beide Seiten sich über die üblichen und wesentlichen Bestandteile eines Vertrags geeinigt haben. Selbstverständlich dürfen nur gesetzlich zulässige Vereinbarungen getroffen werden; anderenfalls sind die Regelungen unwirksam.

Beispiel: Ein Ehepaar, Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, bespricht mit den Schwiegereltern, dass diese im Haus eine Wohnung beziehen dürfen. Solange weder die Lage der Wohnung (z. B. Erdgeschoss), der Einzugstermin noch die Höhe der Miete und Nebenkosten einvernehmlich geregelt sind, besteht kein Mietvertrag.

Mietverträge dürfen auf keinen Fall einfach „rückdatiert“ werden, da sonst zum einen der Vertrag nichtig ist und zum anderen ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung droht. Eine bestehende mündliche Vereinbarung kann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich bestätigt werden.

Die Schriftform ist zu Beweiszwecken (nicht nur wegen des Finanzamts) immer sinnvoll.

2.    Vertragsfreiheit kontra Fremdvergleich

Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit, d. h., die Vertragsparteien können alle rechtlich zulässigen Inhalte so festlegen, wie sie dies möchten. Steuerrechtlich ist dabei jedoch stets der bereits angesprochene Fremdvergleich zu beachten:

Beispiele: Sie können also z. B. Mietverträge abschließen, bei denen der Mieter nur die üblichen Nebenkosten für Wasser, Strom und Heizung bezahlt, jedoch keine „Kaltmiete“. Steuerrechtlich wird das Finanzamt das nicht akzeptieren, weil dies unüblich ist. Ein Werbungskostenabzug ist also hier nicht möglich.

Ein Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen über Räume für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit hält laut Bundesfinanzhof einem Fremdvergleich nicht stand, wenn als Mietentgelt die Überlassung des jeweiligen Geschäftswagens des Unternehmers zur Nutzung vereinbart wird. Damit kann der Unternehmer keinen Betriebsausgabenabzug geltend machen.

Hilfreich als Vorlage bzw. Checkliste können „Vertragsmuster“ sein, die für untereinander fremde Vertragsparteien gefertigt wurden. Diese können dann im steuerrechtlich zulässigen Rahmen individuell angepasst werden.

Auch die steuerrechtliche Anerkennung eines Vertrags zwischen einer Personengesellschaft und einem Angehörigen eines Gesellschafters kann davon abhängig gemacht werden, dass der Vertrag inhaltlich und nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was bei sonst gleichen Verhältnissen zwischen fremden Dritten üblich ist, wenn der Gesellschafter, mit dessen Angehörigen der Vertrag abgeschlossen wird, die Gesellschaft beherrscht.

3.    Durchführung der Mietverträge

Wichtig ist, dass die vertraglich vereinbarten Rechte und Pflichten auch tatsächlich genau so durchgeführt werden, wie dies im Vertrag festgelegt wurde. Ein nach Form und Inhalt einwandfrei abgeschlossener Mietvertrag darf nicht nur „auf dem Papier“ existieren; er muss „gelebt“ werden.

Hinweis: Mietverträge sollten nie nur „zum Schein“ abgeschlossen werden. Zum einen erkennt das Finanzamt solche Verträge nicht an, zum anderen droht im Zweifelsfall wiederum ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung.

Schädlich aus Sicht der Finanzverwaltung ist etwa eine unregelmäßige Zahlung von Mieten. Das würden Sie bei einem fremden Mieter auch nicht akzeptieren. So hat das Finanzgericht München ein Mietverhältnis zwischen zwei Brüdern nicht anerkannt, weil kein schriftlicher Mietvertrag vorlag, der Mietzins "nach Kassenlage" gezahlt wurde auch und kein lückenloser Nachweis über die Mietzahlungen erbracht werden konnte. Von einer Scheinhandlung geht das Finanzamt zudem aus, wenn der Vermieter dem Mieter das Geld für die jeweilige Miete im Voraus zur Verfügung stellt, oder wenn die Miete nach Eingang auf dem Konto zeitnah wieder an den Mieter zurückgezahlt wird. Das Finanzgericht Hamburg hat die kurzfristige Vermietung nicht abgeschlossener Wohnungen im selbstgenutzten Haus an Angehörige steuerlich nicht anerkannt. Der Bundesfinanzhof hat den Fremdvergleich verneint, wenn Mietzahlungen nur einmal jährlich im Nachhinein geleistet und auch die Nebenkosten ohne Vorauszahlungen nur einmal jährlich abgerechnet und mit erheblicher Verzögerung beglichen werden. Beanstandet hat der BFH auch, dass laut Mietvertrag die Kündigungsfrist für die Mieterin zwölf Monate betrug, obwohl gesetzlich unabdingbar geregelt ist, dass ein Mieter maximal eine Kündigungsfrist von 3 Monaten einhalten muss.

III.  Praxishinweise zu Mietverträgen

1.    Wichtige Inhalte und Maßnahmen

Ein Mietvertrag regelt – juristisch ausgedrückt – die Überlassung einer Sache zum Gebrauch gegen ein Entgelt. Der Vermieter wird durch den Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Dafür muss der Mieter dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zahlen. Als Mietsachen kommen Wohn- und Geschäftsräume sowie sonstige bewegliche Sachen (z. B. Kfz) in Betracht.

Unbefristete Mietverträge können generell mündlich
geschlossen werden. Der Vertrag ist dann zustande
gekommen, wenn sich Vermieter und Mieter über die Art des Mietobjekts, die zu zahlenden Miete und den Zweck der Nutzung der Mietsache einig geworden sind.

Wohnraum-Mietverträge, die ohne Schriftform für eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen werden, gelten als für unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Befristung auf z. B. zwei Jahre ist bei einem mündlich geschlossenen Vertrag nicht möglich. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig. Mieter und Vermieter müssen aus dem Vertrag erkennbar sein und den Vertrag auch persönlich unterschreiben.

Hinweise: Bei der Durchführung des Mietvertrags kommt es vor allem auf die regelmäßige und pünktliche Mietzahlung an; es empfiehlt sich ein Dauerauftrag. So hat das Finanzgericht Baden-Württemberg ein Mietverhältnis zwischen Angehörigen steuerlich nicht anerkannt, weil die Hauptpflichten des Mietvertrags nicht von vornherein klar und eindeutig vereinbart worden sind und keine Zahlungsnachweise für die Miete vorgelegt werden konnten.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der bei einem Mietvertrag zwischen Eltern und Tochter aufgenommene handschriftliche Zusatz „vorbehaltlich der Anerkennung durchs Finanzamt” hinsichtlich der vereinbarten Miethöhe dazu führt, dass der Mietvertrag nicht anzuerkennen sein wird. Das Mietverhältnis wird steuerlich u. U. auch dann nicht anerkannt, wenn sich der Mieter die vereinbarte Miete wirtschaftlich eigentlich nicht leisten kann. Hier unterstellt das Finanzamt, dass gezahlte Mieten an den Mieter bar zurückfließen.

Auch die Betriebskosten sollten korrekt und zeitnah abgerechnet und etwaige Nachzahlungen fristgerecht geleistet werden. Mietrechtlich muss ein Vermieter über die
Vorauszahlungen für
Betriebskosten jährlich abrechnen. Die Abrechnung muss er dem Mieter spätestens bis zum
Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums vorlegen. Anderenfalls verliert der Vermieter den Anspruch auf eine etwaige Nachzahlung. Das
Finanzamt wird daher nur ausnahmsweise bei einmaliger versehentlicher Verspätung der Betriebskostenabrechnung die Verluste aus Vermietung und Verpachtung dennoch anerkennen.

Zu Beweiszwecken ist es immer sinnvoll, Mietverträge mit nahen Angehörigen schriftlich zu vereinbaren. Hilfreich sind dabei im Handel erhältliche Musterverträge.

Die Vertragsfreiheit der Parteien wird hier grundsätzlich nicht vom Fiskus beschränkt, wenn zumindest eine entgeltliche Überlassung des Mietobjekts stattfindet, d. h. die Mietsache und die Höhe der Miete eindeutig und klar festgelegt wurden. Die Höhe der vereinbarten Miete beeinflusst das Maß der abzugsfähigen Werbungskosten beim Vermieter im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Es kommt dabei vor allem auf die sog. Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters an.

Die umgehende Renovierung und verbilligte Vermietung einer geerbten Eigentumswohnung an den Sohn spricht – zumindest dem ersten Anschein nach – dafür, dass insoweit keine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.

Bei einem Mietobjekt, das im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich übertragen wurde und für das sich der Übergeber ein Nießbrauchsrecht für fünf Jahre zurückbehalten hat, hat das FG Münster die Einkünfteerzielungsabsicht verneint, wenn der beschenkte Sohn die Wohnung während der Dauer des Nießbrauchsrechts für private Zwecke nutzt.

2.    Relevante Beispiele und steuerliche
Regeln

2.1  Eigentümer vermietet
privaten Wohnraum zu Wohnzwecken

Hier müssen Sie bei der Höhe des vereinbarten Mietzinses besonders aufpassen:

n Bewohnt ein Angehöriger Ihre Immobilie, ohne hierfür Miete zu zahlen, schließt dies einen Werbungskostenabzug Ihrerseits und damit einen steuersparenden Verlust aus der Vermietung aus. Sie können z. B. Finanzierungszinsen und Abschreibungsbeträge nicht geltend machen.

  • Darüber hinaus hat der Gesetzgeber ab dem 1.1.2021 Folgendes festgelegt:
  • Beträgt die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete, werden Ihre Werbungkosten aus Vermietung und Verpachtung vollumfänglich anerkannt, weil die Vermietung vom Finanzamt als entgeltlich angesehen wird. Eine weitere Prüfung, ob die Absicht besteht, hierbei langfristig aus der Vermietung einen Gewinn zu erzielen, entfällt grundsätzlich.

Beispiel: Ein Steuerpflichtiger vermietet eine zuvor fremdvermietete Wohnung an seinen Sohn. Das Mietverhältnis ist zivilrechtlich wirksam und wird auch wie vereinbart durchgeführt. Die Wohnung war zuvor für 500 € zzgl. 150 € Umlagen fremdvermietet. Der Sohn übernimmt sämtliche Umlagen und zahlt darüber hinaus eine Miete i. H. von 285 €. Die tatsächlich gezahlte Warmmiete beträgt 66,9 % der ortsüblichen Warmmiete und ist somit steuerrechtlich anzuerkennen.

Hinweis: Das FG Baden-Württemberg vertritt die Auffassung, dass eine Totalüberschussprognose trotz Einhaltung der 66 %-Grenze erforderlich ist, wenn ein Vater drei vollfinanzierte Einfamilienhäuser an jeweils eines seiner drei Kinder und deren Ehepartner mit einer jeweiligen Wohnfläche von weit über 250 qm (Luxuswohnungen) vermietet. Der Bundesfinanzhof muss das Urteil aufgrund der Revision des Vaters prüfen.

  • Beträgt die Miete weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, wird die Vermietung aus Sicht des Finanzamts in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt. Nur die auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten (= Schuldzinsen, Reparaturkosten, Abschreibungen etc.) sind steuerlich abziehbar.
  • Beträgt die Miete zwischen 50 % und weniger als 66 %, wird das Finanzamt die Einkunftserzielungsabsicht des Vermieters prüfen (Totalüberschussprognose).

Hinweise: Soweit Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel oder Mietdatenbanken in den Städten/Gemeinden vorhanden sind, bestehen keine Bedenken, die entsprechenden Werte steuerlich anzusetzen. Als ortsübliche Marktmiete gilt jede Miete innerhalb der Bandbreite des örtlichen Mietspiegels, somit auch der niedrigste Wert. Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung umfasst die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Betriebskosten. Einen Mietspiegel Ihrer Region erhalten Sie z. B. beim Wohnungsamt. Sieht der anzuwendende Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen keine Bandbreite zwischen mehreren Mietwerten vor, ist regelmäßig der im Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen ausgewiesene Durchschnittswert anzusetzen.

Der Bundesfinanzhof hat im Jahr 2021 für den Fall, dass kein Mietspiegel existiert, entschieden, dass die ortsübliche Marktmiete z. B. mithilfe eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, durch die Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Zugrundelegung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen ermittelt werden kann. Jeder dieser Ermittlungswege ist grundsätzlich gleichrangig.

Für eine möblierte Wohnung muss der Vermieter einen Zuschlag zur normalen Miete fordern. Diesen Zuschlag hat das Finanzgericht Niedersachsen auf Grundlage der Anschaffungskosten für die Möbel berechnet. Dazu verteilte das Gericht den Kaufpreis auf die Nutzungsdauer von zehn Jahren und erhöhte den Abschreibungsbetrag um einen Zinssatz von 4 %. Im Zweifel kann eine verbindliche Auskunft zur Miethöhe beim Finanzamt eingeholt werden.

Bezieht sich ein Mietspiegel nicht auf möbliert oder teilmöbliert vermietete Wohnungen, ist für die Möblierung im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete i.S.d. § 21 Abs. 2 EStG ein Zuschlag zu berücksichtigen, soweit sich auf dem örtlichen Mietmarkt für möblierte Wohnungen hierfür ein Zuschlag ermitteln lässt.

Es ist immer sinnvoll, sich mit der FG-Rechtsprechung im relevanten Bundesland vor einer Vermietung auseinanderzusetzen. So sind von der durchschnittlichen Miete für vergleichbare Wohnungen in dem Mietspiegel bei negativen Ausstattungsmerkmalen der vermieteten Wohnung Abschläge (z. B. 20% wegen lediglich einfach verglaster Fenster und des hohen Alters der Immobilie) vorzunehmen. Muss – von Fremdvermietungen abweichend – nicht der Angehörigen-Mieter, sondern der Vermieter die Schönheitsreparaturen tragen, ist die Kaltmiete laut Mietspiegel um 10 % zu erhöhen.

Die Schätzung der ortsüblichen Miete für eine in einem Zweifamilienhaus in Berlin belegene Wohnung ist laut FG Berlin-Brandenburg auf Grundlage des Berliner Mietspiegels vorzunehmen, auch wenn Wohnungen in Zweifamilienhäusern nicht in seinen Anwendungsbereich fallen.

Damit Sie im Laufe der Jahre nicht versehentlich unter die 66 %-Grenze geraten (Mietpreisniveau steigt in vielen Städten), sollten Sie Ihre Miete regelmäßig erhöhen. Das ist möglich, wenn Sie im Mietvertrag eine Staffel- oder Indexmiete vereinbart haben.

Auch ein möglicher vorzeitiger Auszug des Angehörigen hat steuerliche Folgen: Ist ein Angehöriger als bisheriger Mieter aus- und infolge Pflegebedürftigkeit in ein Pflegeheim umgezogen, ist das Mietverhältnis anschließend faktisch nicht mehr den zivilrechtlichen Vereinbarungen entsprechend durchgeführt worden und ist nach den gesamten Umständen nicht von einer Rückkehr des Angehörigen in die Wohnung und einer weiteren tatsächlichen Vermietung an den Angehörigen auszugehen, so ist das Mietverhältnis ab dem Zeitpunkt des Auszugs nach den Grundsätzen über Mietverträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich unbeachtlich.

Wenn Sie als Vermieter neu vermieten wollen, sollten Sie nicht vorschnell renovieren, aber auf jeden Fall Ihre Vermietungsbemühungen ausführlich dokumentieren, damit die Ausgaben für die Renovierung als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abzugsfähig sind.

Von einer ernsthaften Vermietungsabsicht ist laut FG Berlin-Brandenburg nicht auszugehen, wenn der Vermieter die nach Auszug des Verwandten nunmehr leerstehende Wohnung lediglich im Bekanntenkreis zur Vermietung angeboten haben will, die Wohnung eventuell ohne finanzielle Gegenleistung für einen familienangehörenden Wunschmieter in der Zukunft freigehalten wurde und keine nachgewiesenen Bemühungen entfaltet worden sind, um die Wohnung am Markt anzubieten.

Laut Bundesfinanzhof hat der Vermieter eine gewisse Zeit, um das Mietverhältnis zu beenden. Bei einem Steuerpflichtigen, der seit Jahren ein Wohnhaus an seine Eltern vermietet hat und die Eltern nach ihrer Einweisung in ein Pflegeheim und Anordnung einer Betreuung die Miete nicht mehr zahlen, ist das Mietverhältnis bis zu seiner Beendigung anzuerkennen, wenn es zeitnah beendet wird. Das ist der Fall, wenn zwischen der Unterbringung im Pflegeheim und der geräumten Übergabe des Objekts in etwa ein halbes Jahr vergangen ist.

Eine dauerhafte Vermietungsabsicht kann auch dann zu bejahen sein, wenn sich der Vermieter eine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt wegen Eigenbedarfs vorbehält, um das Mietobjekt einem Angehörigen zu überlassen, sofern davon auszugehen ist, dass diese Überlassung nicht unentgeltlich erfolgen soll.

2.2  Eigentümer vermietet private Immobilie
zur betrieblichen Nutzung

Ein beliebtes Modell ist, dass ein Ehepartner ein Haus kauft und es (teilweise) an den anderen, selbständigen Ehepartner vermietet. Dieser führt dort seinen Betrieb, sein Büro oder seine Praxis. Entspricht hier die Miete 100 % der ortsüblichen Miete, können auch 100 % der Ausgaben als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich anerkannt werden. Vermietet der Ehepartner dagegen z. B. nur zu 55 % der ortsüblichen Miete, werden auch nur 55 % der Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug gebracht. Die restlichen 45 % der Ausgaben sind dann steuerlich irrelevant.

Ein Pachtvertrag mit dem eingetragenen Lebenspartner ist steuerlich nicht anzuerkennen, wenn seine Gestaltung und Durchführung nicht fremdüblich ist und auf einen Gleichklang der wirtschaftlichen Interessen schließen lässt.

Hinweis: Gewerberaum-Mietspiegel gibt es eher selten. Relevante Daten können Sie aber vor Ort von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Mieten und Immobilienbewertung bekommen.

2.3      Mietverträge mit studierenden
Kindern

Studierende Kinder sind regelmäßig ihren Eltern gegenüber unterhaltsberechtigt. Unterkünfte für Studenten sind in Großstädten meist sehr teuer. Als Steuerspar-Modell können Eltern eine Wohnung kaufen und an ihre studierenden Kinder vermieten. Dabei ist (s. o. Kapital III. 2.1) zu beachten, dass die Kinder an ihre Eltern mindestens 66 % der ortsüblichen Miete regelmäßig und pünktlich überweisen.

Dabei ist es unerheblich, wenn Eltern z. B. ihrem Kind einen höheren Geldbetrag schenken, mit dem es dann sein Studium inkl. Miete, Lebenshaltung finanzieren muss. Der Bundesfinanzhof hat es auch nicht beanstandet, wenn Eltern dem studierenden Kind einen monatlichen Barunterhalt leisten, mit dem das Kind die Miete bezahlt und mit dem Rest seinen laufenden Lebensunterhalt bestreiten kann.

Hinweis: Wenn Eltern die gekaufte Wohnung nach Ende des Studiums ihres Kindes dann weitervermieten (insgesamt zehn Jahre) können sie diese in vielen Studienorten sogar gewinnbringend verkaufen. Der Veräußerungsgewinn ist nach Ablauf der zehn Jahre laut aktueller Gesetzeslage steuerfrei.

Rechtsstand: 19.1.2022

Alle Informationen und Angaben in diesem Mandanten-Merkblatt haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Diese Information kann eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

Können die Finanzämter eine Änderung wegen neuer Tatsachen durchführen, wenn sie den Akteninhalt z.B. wegen konkreter Prüffelder nicht insgesamt prüft?

In der Praxis kommt es mittlerweile immer häufiger vor, dass die Finanzämter z.B. bestehender Prüffelder die anderen Akteninhalte nicht mehr vollständig prüfen.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen werden diese Umstände häufig von Betriebsprüfern aufgedeckt.

Es stellt sich nun die Frage, ob der Betriebsprüfer die Steuerfestsetzung nun wegen neuer Tatsachen i.S.d. § 173 AO ändern darf.

Hier hat der BFH mit seinem Urteil vom 12.3.2019 IX R 29/17 eindeutig eine Grenzlinie gezogen.

Eine Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen liegt hier nicht vor. Der Bearbeiter der Steuerfestsetzungsstelle hätte den gesamten Aktenhalt überprüfen müssen.

 

Eine freudige Entscheidung des BFH für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Unbelegte Brötchen mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück

Unbelegte Backwaren mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück im lohnsteuerrechtlichen Sinne, wie der BFH mit Urteil vom 3. Juli 2019 – VI R 36/17 entschieden hat.

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb kostenlos bereitgestellt. Das Finanzamt sah dies als ein Frühstück an, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei.

Dem folgte der BFH nicht. Die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer könne zu Arbeitslohn führen. Arbeitslohn liege grundsätzlich vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Mahlzeit, wie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen, unentgeltlich oder verbilligt reiche. Davon abzugrenzen seien nicht steuerbare Aufmerksamkeiten, die lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen dienten und denen daher keine Entlohnungsfunktion zukomme.

Im vorliegenden Fall handele es sich bei den unentgeltlich zugewandten Lebensmitteln nicht um Arbeitslohn in Form kostenloser Mahlzeiten, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten. Unbelegte Brötchen seien auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung. Selbst für ein einfaches Frühstücks müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Die Überlassung der Backwaren nebst Heißgetränken habe daher lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen gedient.

 

Ist die Grundsteuer, die der Vermieter auf den Mieter umlegt, bei gewerblichen Mietern nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG hinzuzurechnen?

Die Finanzbehörden gehen in der Praxis mit Hinzurechnungen i.S.d § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG zum Leidwesen  der Mandanten „sehr großzügig“ um.

Das FG Köln hat die Finanzbehörden hinsichtlich der o.a. Fragestellung mit seinem Urteil vom 21.2.2019 10 K 2174/17  in die Schranken verwiesen und eine Hinzurechnung abgelehnt.

Die Finanzehörden sind jedoch hartnäckig und haben gegen die Entscheidung Revision beim BFH eingelegt, AZ BFH I R 22/19.

 

Unterbringung in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen wegen Demenz als außergewöhnliche Belastung

Das FG Niedersachsen hat sich mit seinem Urteil vom 20.9.2017 9 K 257/16 rkr. gegen die Rechtsauffassung der Finanzbehörden gestellt.

Das FG hat die Kosten der Heimunterbringung in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, weil der Grund der Unterbringung ausschließlich krankheitsbedingt (Demenz) gewesen ist. 

Die Entscheidung des FG ist sehr zu begrüßen.

Es darf jedoch nicht erwartet werden, dass die Finanzämter der Entscheidung des FG regelmäßig folgen werden.

Aus Vorsichtsgründen sollte jedoch vor einer Unterbringung in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen immer ein fachärztliches Gutachten eingeholt werden, aus der sich das Krankheitsbild ergibt.

Das Gutachten wird dann zumindest den Streit mit den Finanzbehörden darüber verhindern, dass die Motivation für das Handeln nicht eindeutig feststeht.

 

Spontane Kassen-Nachschau ab 2018

Neue Rechtsgrundlage

Mit Ablauf des 31.12.2017 tritt die neue Vorschrift in der Abgabenordnung zur Kassen-Nachschau (§ 146b AO) in Kraft. Das heißt, dass ab dem 1.1.2018 jeder Unternehmer, der eine Registrierkasse oder eine offene Ladenkasse führt, mit der Kassen-Nachschau konfrontiert werden kann.

Spontane Prüfung

Die Kassen-Nachschau erfolgt ohne vorherige Ankündigung. Eine Prüfungsanordnung wie bei einer Betriebsprüfung gibt es nicht. Die Kassenprüfer dürfen „ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten“, wie es in der Vorschrift heißt. So kann beispielsweise ein Prüfer am 2.1.2018 in den Geschäftsräumen des Unternehmers erscheinen und einen Kassensturz verlangen, um den aktuellen Kassenbestand laut Kassenführungsbuch mit dem tatsächlich vorhandenen Bargeldbestand abzugleichen.

Privatsphäre

Auch Privaträume dürfen betreten werden. § 146b AO schränkt insoweit das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ein.

 

Eine sehr erfreuliche Entscheidung des BFH: Die Abzugsfähigkeit von Schulgeld bei Privatschulen

Der Sonderausgabenabzug für Schulgeld beim Besuch von Privatschulen setzt nicht voraus, dass die zuständige Schulbehörde in einem Grundlagenbescheid bescheinigt, die Privatschule bereite ordnungsgemäß auf einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss vor.

Wie der BFH mit Urteil vom 20. Juni 2017 X R 26/15 zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nun klargestellt hat, muss daher die Finanzbehörde die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen anerkannten Abschluss prüfen.

Führt eine Privatschule nicht zu einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss, sondern bereitet sie lediglich auf einen solchen vor, muss nachgewiesen werden, dass sie eine ordnungsgemäße Vorbereitung gewährleistet. Ansonsten ist das Schulgeld nicht in den Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgabe abziehbar.

Der BFH hatte jetzt zu entscheiden, wer in welcher Form die Erfüllung dieser Voraussetzung zu beurteilen hat. Nach seinem Urteil obliegt die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien in Bezug auf die ordnungsgemäße Vorbereitung eines schulischen Abschlusses nicht den Schulbehörden, sondern ist Aufgabe der Finanzbehörden.

Im Streitfall besuchte die Tochter der Kläger eine Privatschule, die auf die Mittlere Reife vorbereitet. Die Prüfung wurde von einer staatlichen Schule abgenommen. Das FA verweigerte für das Streitjahr 2010 den Sonderausgabenabzug für das Schulgeld, weil die Kläger keinen Anerkennungsbescheid der zuständigen Kultusbehörde für die Privatschule vorgelegt hätten.

Das FG war hingegen der Auffassung, ein solcher Anerkennungsbescheid sei gesetzlich nicht gefordert. Zudem bejahte das FG die weiteren Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und gab damit der Klage statt.

Der BFH sieht dies ebenso und stellt sich damit gegen das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. März 2009 (BStBl I 2009, 487).

Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG zeigten, dass ein Grundlagenbescheid nicht erforderlich sei, in dem die Schulbehörde bescheinigt, dass eine ordnungsgemäße Vorbereitung gegeben sei.

Wenn der Gesetzgeber auf eine verbindliche Entscheidung durch eine Schulbehörde verzichte und die Finanzbehörden mit der Prüfung betraue, möge das vielleicht nicht zweckmäßig sein. Es bleibe dem zuständigen FA aber unbenommen, sich mit den Schulbehörden in Verbindung zu setzten und deren Einschätzung zur Erfüllung der schulischen Kriterien bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.

 

Eine defensive Entscheidung des FG Münster: Die Höhe der Nachzahlungszinsen ist verfassungsgemäß

Mit Urteil vom 17.08.2017 - 10 K 2472/16 hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die Höhe der Nachzahlungszinsen von 6% in den Jahren 2012 bis 2015 noch verfassungsgemäß ist.

Die Kläger sind Eheleute. Für das Streitjahr 2011 wurden die Kläger im Dezember 2013 zur Einkommensteuer veranlagt, nachdem sie die Steuererklärung im Februar desselben Jahres abgegeben hatten. Bezüglich des Streitjahres 2010 änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung im Januar 2016, nachdem ihm weitere Beteiligungseinkünfte des Klägers mitgeteilt worden waren.

Aus beiden Einkommensteuerbescheiden ergab sich eine nachzuzahlende Einkommensteuer, für die das Finanzamt jeweils (Nachzahlungs-)Zinsen festsetzte. Insgesamt waren von den Klägern für die Monate April 2012 bis Dezember 2015 Zinsen zu zahlen. Die Kläger legten gegen die Zinsfestsetzungen Einspruch ein und machten u.a. geltend, die Höhe der Verzinsung sei angesichts der andauernden Niedrigzinsphase fernab der Realität und damit verfassungswidrig. Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück.

Die hiergegen erhobene Klage wies der 10. Senat des Finanzgerichts Münster ab.

Die gesetzliche Verzinsungsregelung sei verfassungsgemäß. Mit der Festlegung eines festen Zinssatzes von 0,5 % pro Monat bzw. 6 % pro Jahr für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen habe der Gesetzgeber den Rahmen für eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung nicht überschritten.

Die Marktzinsen hätten sich in den Jahren 2012 bis 2015 auch nicht in einer Weise entwickelt, dass der Zinssatz nicht mehr als hinreichend realitätsgerecht anzusehen sei, denn in diesem Zeitraum hätten die Mittelwerte aus den Marktzinsen für Darlehen sowie für Anlagen zwischen 4,49 % und 3,66 % gelegen.

Es handele sich um eine Typisierung über einen sehr langen Zeitraum: Der Gesetzgeber habe den Zinssatz seit seiner Einführung trotz erheblicher Zinsschwankungen in beide Richtungen nicht geändert.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 

BMF contra BFH zugunsten des Steuerpflichtigen: Zur Übernahme der Pauschalsteuer nach § 37b EStG durch den Schenker und der Betriebsausgabenabzug

Mit Urteil vom 30.3.2017 IV R 13/14 hat der BFH entschieden, dass die Pauschalsteuer bereits in die Berechnung der 35 €-Freigrenze mit einzubeziehen ist.

Aus diesem Grunde würde die Übernahme der Pauschalsteuer bei Anschaffungskosten für Geschenke bis zu 35 € dazu führen, dass die Geschenke nicht mehr abzugsfähig sind.

Das BMF wird die Entscheidung des BFH nunmehr im BStBl veröffentlichen und somit für allgemein anwendbar erklären.

Erfreulicherweise wird das BMF das Urteil jedoch mit einem für den Steuerpflichtigen positiven Zusatz versehen, der wie folgt lauten wird:

Bei der Überprüfung der Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Die Übernahme der Steuer ist nicht mit einzubeziehen.

 

Der BFH stellt klar: Scheidungskosten sind nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Scheidungskosten sind anders als nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund einer seit dem Jahr 2013 geltenden Neuregelung nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Mit Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 hat der BFH entschieden, dass die Kosten eines Scheidungsverfahrens unter das neu eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten fallen.

Seit der Änderung des § 33 EStG im Jahr 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG greift das Abzugsverbot nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Auf diese Ausnahmeregelung berief sich die Klägerin. Sie machte in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend.

Anders als das Finanzgericht sah der BFH die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in einem solchen Fall nicht als gegeben an.

Der Ehegatte wende die Kosten für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse auf.

Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen bedroht sei. Eine derartige existenzielle Betroffenheit liege bei Scheidungskosten nicht vor, selbst wenn das Festhalten an der Ehe für den Steuerpflichtigen eine starke Beeinträchtigung seines Lebens darstelle.

Zwar habe der BFH die Kosten einer Ehescheidung bis zur Änderung des § 33 EStG im Jahr 2013 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Dies sei nach der Neuregelung jedoch nicht länger möglich. Denn dadurch habe der Gesetzgeber die Steuererheblichkeit von Prozesskosten auf einen engen Rahmen zurückführen und Scheidungskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastung bewusst ausschließen wollen.

 

 

BFH: Der Wechsel der Steuerklassenwahl bei Ehegatten ist auf einen Antrag im Jahr beschränkt

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob im Hinblick auf die Berechnung des Elterngeldes ggf. ein mehrfacher Wechsel der Steuerklassen bei Eheleuten möglich ist.

Der BFH hat mit seiner Grundsatzentscheidung vom 9.3.2017 VI S 21/1& (PKH) entschieden, dass die gesetzliche Beschränkung auf einen Steuerklassenwechsel im Jahr verfassungsgemäß ist.

In der Praxis ist daher darauf zu achten, dass beim Steuerklassenwechsel planvoll vorzugehen ist.

 

Durchsuchungen aufgrund von Steuer-CD´s: Das BVerfG zeigt den Gerichten Grenzen auf

Wie die FAZ vom 28.4.2017, Seite 20 berichtet, hat sich das BVerfG (AZ 2 BvR 2551/12 mit der Frage auseinandergesetzt, wo die Grenzen der Durchsuchungen aufgrund von Steuer-CD´s zu sehen sind.

Das BVerfG hat mehrere Gerichtsentscheidung für verfassungswidrig erklärt und die Gerichte ermahnt, bei der Durchsuchung von Geschäftsräumen das Augenmaß zu wahren.

Eine deutlichere Formulierung konnte das BVerfG wohl nicht wählen.

Im Kern führt das BVerfG aus, dass die Grundrechte eines Bürgers zu wahren sind und die Gerichte dazu aufgefordert Tatvorwürfe und Beweismittel so zu beschreiben, dass der Betroffene einer Ausuferung entgegenwirken kann.

Wie in dem Artikel ausgeführt wird, kann der Beschluss des BVerfG evtl. als früher Weckruf vor einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betrachtet werden, der kürzlich signalisiert hat, dass die Verwendung von Daten-CD´s möglicherweise nicht uneingeschränkt möglich sei.

 

Private PKW-Nutzung: Keine Besteuerung für Zeiten der Fahruntüchtigkeit

08. März 2017

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den er auch zu privaten Zwecken nutzen darf. Der hierin liegende geldwerte Vorteil wurde für das Streitjahr 2014 zunächst nach der sog. 1 % - Regelung mit 433 €/Monat versteuert.

Im Einspruchs- und Klageverfahren machte der Kläger geltend, dass der Arbeitslohn um 2.165 € (5 Monate à 433 €) zu kürzen sei, da er den Firmenwagen für fünf Monate nicht habe nutzen können und dürfen. Am 23.02.2014 habe er einen Hirnschlag erlitten, woraufhin ihm ein Fahrverbot durch den behandelnden Arzt erteilt worden sei.

Das Fahrverbot sei erst am 29.07.2014 durch eine Fahrschule aufgehoben worden. Für die Zeit des Fahrverbotes dürfe jedoch keine Besteuerung erfolgen, da überhaupt kein Vorteil entstanden sei und mithin kein fiktiver Arbeitslohn vorliege. Die Nutzung des Fahrzeugs sei nach der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber untersagt, wenn er aufgrund einer Erkrankung nicht ausschließen könne, dass seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sei. Dritte seien nach dieser Vereinbarung nur bei dringenden dienstlichen Anliegen zur Nutzung befugt. Tatsächlich sei das Fahrzeug auch nicht von Dritten genutzt worden.

Das FG Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 24.1.2017 - 10 K 1932/16 E im Wesentlichen stattgegeben.

Für die Monate März bis Juni 2014 sei kein Nutzungsvorteil zu erfassen. Zwar sei es für die Besteuerung des Nutzungsvorteils grundsätzlich unerheblich, ob der Arbeitnehmer den auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Beweis des ersten Anscheins, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts (Gegenbeweis) zu entkräften vermag.

Damit sei jedoch nur der Fall gemeint, dass der Steuerpflichtige belastbar behaupte, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben. Nicht gemeint seien dagegen Situationen, wie die vorliegende, in denen der Steuerpflichtige zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht (länger) befugt sei.

Es lasse sich bis zum 29.07.2014 nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der Kläger aufgrund der Folgen des Hirnschlags fahruntüchtig gewesen sei, mit der Folge, dass er den Firmenwagen nach der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber bis dahin auch nicht nutzen durfte, und zwar weder für berufliche noch für private Zwecke. Die Befugnis des Klägers, den Wagen zu nutzen, sei vollständig entfallen. Dritte seien zur privaten Nutzung ebenfalls nicht befugt gewesen. Auch sei nicht ersichtlich, dass eine vertragswidrige Nutzung stattgefunden habe.

Für die Monate Februar und Juli sei ein Nutzungsvorteil zu erfassen, weil der Kläger den Firmenwagen bis zum Hirnschlag am 23.02.2014 und ab Bestehen der Fahrprüfung am 29.07.2014 uneingeschränkt nutzen konnte. Eine zeitanteilige Aufteilung innerhalb eines Monats komme nach der herrschenden Meinung nicht in Betracht

 

BFH kontra BMF: Firmenwagenbesteuerung - Zuzahlungen des Arbeitnehmers mindern den geldwerten Vorteil

Nutzungsentgelte und andere Zuzahlungen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kfz mindern den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Das hat der BFH mit zwei Urteilen vom 30. November 2016 (VI R 2/15 und VI R 49/14) zur Kfz-Nutzung für private Fahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte entschieden.

Der BFH hat dabei seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen insoweit modifiziert, als nunmehr nicht nur ein pauschales Nutzungsentgelt, sondern auch einzelne (individuelle) Kosten - entgegen der Auffassung der Finanzbehörden - des Arbeitnehmers bei Anwendung der sog. 1 %-Regelung steuerlich zu berücksichtigen sind.

Im ersten Fall (Az: VI R 2/15) hatten sich der Kläger und sein Arbeitgeber die Kosten des Dienstwagens, den der Kläger auch für private Zwecke nutzen durfte, geteilt. Der Kläger trug sämtliche Kraftstoffkosten (ca. 5.600 €). Die übrigen PKW-Kosten übernahm der Arbeitgeber. Der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung wurde nach der 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) berechnet und betrug ca. 6.300 €. Der Kläger begehrte, die von ihm im Streitjahr getragenen Kraftstoffkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und setzte den Vorteil aus der Privatnutzung lediglich in Höhe von 700 € fest.

Der BFH hat die Vorinstanz im Ergebnis bestätigt. Leistet der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung eines Dienstwagens ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Ebenso ist es, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (individuelle) Kosten (hier: Kraftstoffkosten) des betrieblichen PKW trägt. Der Umstand, dass der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der 1 %-Regelung ermittelt worden ist, steht dem nach dem jetzt veröffentlichten Urteil nicht mehr entgegen. Der BFH war demgegenüber bislang davon ausgegangen, dass vom Arbeitnehmer selbst getragene Kfz-Kosten nicht steuerlich berücksichtigt werden können, wenn der Nutzungsvorteil pauschal nach der sog. 1 %-Regelung (anstelle der sog. Fahrtenbuchmethode) bemessen wird.

Allerdings kann der Wert des geldwerten Vorteils aus der Dienstwagenüberlassung durch Zuzahlungen des Arbeitnehmers lediglich bis zu einem Betrag von 0 € gemindert werden. Ein geldwerter Nachteil kann aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung nicht entstehen, und zwar auch dann nicht, wenn die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den Wert der privaten Dienstwagennutzung und der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte übersteigen. Ein verbleibender "Restbetrag" bleibt daher ohne steuerliche Auswirkungen. Er kann insbesondere nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Aus diesem Grunde hat der BFH die Revision des Klägers im zweiten Fall (Az: VI R 49/14) zurückgewiesen. Der Arbeitnehmer hatte für die Privatnutzung des Dienstwagens an seinen Arbeitgeber ein Nutzungsentgelt von ca. 6.000 € geleistet, das höher als der nach der Fahrtenbuchmethode ermittelte geldwerte Vorteil (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) von ca. 4.500 € war und in seiner Einkommensteuererklärung den überschießenden Betrag bei seinen Arbeitnehmereinkünften steuermindernd geltend gemacht. Dem sind Finanzamt und FG entgegengetreten. Der BFH hat das nun bestätigt.

 

Elektronische Kassen | Infoblatt für Unternehmer (BayLfSt)

Das Bayerische Landesamt für Steuern hat ein Infoblatt zum ordnungsgemäßen Einsatz von elektronischen Kassen für Unternehmer mit Stand Januar 2017 herausgegeben.

Hierin geht das BayLfSt im Wesentlichen auf die beiden folgenden Punkte ein:

  • Was muss beim Einsatz von elektronischen Kassen (Registrier- oder PC-Kassen) aufgezeichnet und aufbewahrt werden?

  • Was gilt hinsichtlich der Kosten, die mit der Gewährleistung der Ordnungsmäßigkeit der Erlöserfassung einhergehen?

Hinweis:

Das Infoblatt ist auf der Homepage des BayLfSt veröffentlicht.

 

Entfernungspauschale: Privilegierung der Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel verfassungsgemäß

Nach Auffassung des VI. Senats des BFH in seiner Entscheidung vom 15.11.2016, VI R 4/15  begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale sämtliche gewöhnlichen wie außergewöhnlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte abgegolten werden.

Insbesondere ist in dem Umstand, dass der Gesetzgeber Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel von der abzugsbeschränkenden Wirkung der Entfernungspauschale ausgenommen hat,(Für den Weg von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte können Pkw-Fahrer nur die Entfernungspauschale für die einfache Strecke ansetzen. Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel dagegen können statt der Entfernungspauschale höhere tatsächlich entstandene Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machen.) kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu erblicken.

Einschlägige Rechtsbehelfsverfahren werden daher nicht mehr zu einem Erfolg führen und können somit zurückgenommen werden.

 

 

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Feier anlässlich seines Geburtstags als Werbungskosten?

Der VI. Senat des BFH musste in seiner Entscheidung vom 10.1.2016 VI R 7/16 darüber befinden, ob die Aufwendungen eines Arbeitsnehmers für seine Geburtstagsfeier als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Der VI. Senat hat entschieden, dass die Aufwendungen im Allgemeinen keine Berücksichtigung als Werbungskosten finden können.

Im konkreten Urteilsfall ist der BFH jedoch zum gegenteiligen Ergebnis gelangt.

Entscheidend für den Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten sind dem Grunde nach zwei Kriterien:

  • In erster Linie ist darauf abzustellen aus welchem Anlass die Feier durchgeführt worden ist.
  • In zweiter Linie ist darauf abzustellen, ob die Einladung dem kollegialen Miteinander und der Pflege des Betriebsklimas dient.

In der Praxis sollten daher die konkreten Entscheidungsgründe des BFH zur Argumentation herangezogen werden.

 

Grundsatzentscheidung des BFH: Kein Abzugsverbot bei der Einladung von Geschäftsfreunden zu einem Gartenfest

Betriebsausgaben für die Bewirtung und Unterhaltung von Geschäftsfreunden im Rahmen eines Gartenfests fallen nicht zwingend unter das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des EStG, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 26/14 entschieden hat.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst neben im Gesetz ausdrücklich genannten Regelbeispielen wie Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segel- oder Motorjachten auch Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“. Das Abzugsverbot soll Steuergerechtigkeit verwirklichen. Es erfasst auch Aufwendungen, die ausschließlich der Unterhaltung und Bewirtung der Geschäftsfreunde dienen.

Im Streitfall hatte eine Rechtsanwaltskanzlei in mehreren Jahren sog. „Herrenabende“ im Garten des Wohngrundstücks des namensgebenden Partners veranstaltet, bei denen jeweils bis zu 358 Gäste für Gesamtkosten zwischen 20.500 € und 22.800 € unterhalten und bewirtet wurden. Das FG hatte das Abzugsverbot bejaht, weil die Veranstaltungen "Eventcharakter" gehabt hätten, ein geschlossener Teilnehmerkreis vorgelegen habe und die Gäste sich durch die Einladung in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung bestätigt fühlen durften.

Dieser Rechtsauffassung ist der BFH nicht gefolgt.

Nach dem Urteil des BFH muss sich aus der Veranstaltung und ihrer Durchführung ergeben, dass Aufwendungen für eine überflüssige und unangemessene Unterhaltung und Repräsentation getragen werden.

Die bloße Annahme eines Eventcharakters reicht hierfür nicht aus, da die unter das Abzugsverbot fallenden Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“ wie bei den Regelbeispielen "unüblich“ sein müssen.

Dies kann aufgrund eines besonderen Ortes der Veranstaltung oder der Art und Weise der Unterhaltung der Gäste der Fall sein.

Der BFH hat im Streitfall das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das FG hat im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob die Art und Durchführung der „Herrenabende“ den Schluss zulässt, dass diese sich von „gewöhnlichen Gartenfesten“ abheben und mit der Einladung zu einer Segelregatta oder Jagdgesellschaft vergleichbar sind.

 

Erweiterung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen

Die Abzugsfähigkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Entscheidungen des BFH.

Das BMF war in der Vergangenheit in seinem BMF-Schreiben vom 10.1.2014 noch sehr zurückhaltend hinsichtlich der Abzugsfähigkeit derartiger Aufwendungen.

Mit seinem neuen Schreiben vom 9.11.2016 hat das BMF nun die Rechtsprechung des BFH akzeptiert und das BMF-Schreiben vom 10.1.2014 um 5 wesentliche Punkte ergänzt.

Die Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem BMF-Schreiben selbst.

 

Sonderausgabenabzug für vom Erben nachgezahlte Kirchensteuer

In seiner Entscheidung vom 21.7.2016 - X R 43/13 hat sich der X. Senat mit der Frage auseinandergesetzt, ob Kirchensteuernachzahlungen durch Erben bei den Erben zum Sonderausgabenabzug führt.

Das Finanzamt hatte den Abzug unter Hinweis auf den Beschluss des GrS vom 17.12.2007 GrS 2/04, BStBl 2008 II, 608 zur Berücksichtigung des Verlustabzugs beim Erben abgelehnt.

Der X. Senat des BFH ist diesem Gedanken nicht gefolgt.

Vielmehr hat sich der X. Senat des BFH alleine am Wortlaut des Gesetzes orientiert. Demnach führt die Zahlung von Kirchensteuern zum Sonderausgabenabzug.

Für eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts hat der X. Senat - anders als die Finanzbehörden - keinen Raum gesehen.

 

 

 

 

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